Website des Projektes www.hotspot-gipskarst.de
Der Südharzer Zechsteingürtel, das größte und bedeutendste Gipskarstgebirge Mitteleuropas, gehört zum Hotspot Nr. 18 „Südharzer Zechsteingürtel, Kyffhäuser und Hainleite“, einem von bundesweit 30 Hotspots der biologischen Vielfalt. Die Region ist geprägt durch den Gipskarst, ein Gestein, das aufgrund seiner besonderen Eigenschaften einzigartige Lebensräume hervorbringt. Offenlandlebensräume wie Mager-, Trocken- und Halbtrockenrasen, Heideflächen und Kalkschutthalden, aber auch orchideenreiche Laubmischwälder und Karstgewässer zählen dazu. Über Jahrhunderte hinweg hat sich in der Region durch Beweidung und die Anlage von Streuobstwiesen, in Karstregionen typische Landnutzungsformen, eine Kulturlandschaft entwickelt, die sich bis heute durch einen außerordentlich hohen Reichtum an Tier- und Pflanzenarten auszeichnet.
Der Pflege und Entwicklung dieser Region zum Erhalt und Schutz der biologischen Vielfalt war von 2018 bis 2023 das im Bundesprogramm Biologische Vielfalt geförderte Hotspot-Projekt „Gipskarst Südharz – Artenvielfalt erhalten und erleben“ in Trägerschaft des Landschaftspflegeverbandes Südharz/Kyffhäuser e.V. (LPV) gewidmet. Das Projekt wurde gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums sowie durch das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN), die Stiftung Naturschutz Thüringen (SNT) und den Landkreis Nordhausen. Das Projektgebiet umfasst den im Landkreis Nordhausen liegenden Teil des Hotspots Nr. 18.
Die Vielfalt der Region liegt nicht nur in der mannigfaltigen Tier- und Pflanzenwelt und den Lebensräumen, sondern auch in deren Nutzung. Das gesellschaftliche Bewusstsein und die nachhaltige Nutzung dieser Vielfalt sind wichtige Aspekte, um die einzigartige Kulturlandschaft im Gipskarst Südharz zu bewahren. Dementsprechend wurden für das Hotspot-Projektgebiet ehrgeizige Projektziele formuliert:
Im Projektzeitraum von 2018 bis 2023 wurden in Umsetzung dieser Ziele und in enger Abstimmung mit den zuständigen Fachbehörden insgesamt ca. 33 Hektar artenreicher, naturschutzfachlich wertvoller Offenlandflächen gepflegt. Dabei standen Entbuschungsmaßnahmen auf Trocken- und Halbtrockenrasen, Heideflächen und ehemaligen Gipssteinbrüchen im Vordergrund. Durch gezielte Mahd-, Schnitt- und Entwurzelungsarbeiten, ausgeführt von regionalen, erfahrenen Landschaftspflegefirmen, konnte der Charakter der historisch gewachsenen Kulturlandschaft mit ihrem Reichtum an seltenen, teils streng geschützten Pflanzen- und Tierarten, zu denen zahlreiche Orchideenarten und Federgräser, endemische Arten wie das Schmalblättrige Brillenschötchen, aber auch die Geburtshelferkröte oder der Kammmolch zählen, gesichert werden. Zu deren langfristiger Bewahrung wurden zahlreiche Flächen ins Beweidungsmanagement ortsansässiger weidetierhaltender Betriebe überführt. Auf Grund einer rückläufigen Anzahl an Weidetierhaltenden und eines Rückgangs der Hutung gegenüber der Koppelhaltung stellt dieser Bereich eine besonders große Herausforderung dar. Eine Beratung von Weidetierhaltenden zu Fördermöglichkeiten sowie die Bereitstellung von Weidezaunequipment, Tränke- und Tiertransportwagen wurden unterstützend im Projekt angeboten, Stammtische für Weidetierhaltende dienten dem Erfahrungsaustausch und der Weiterbildung.
Als Hort alter Obstsorten und Lebensraum zahlreicher Insekten, Vögel, Reptilien und Fledermäuse wurden im Projekt ca. 45 Hektar an Streuobstwiesen gepflegt. Ein Erhaltungs- oder Erziehungsschnitt für Obstbäume unterschiedlichen Alters, die Freistellung stark verbuschter Standorte, die Nachpflanzung von 441 Obstbäumen historischer Sorten und die Anbringung von Schutzkomponenten dienten dem Erhalt dieser in Thüringen gesetzlich geschützten Biotope.
Ein Infomobil, ausgestattet mit Lehr- und Infomaterialien zum Hotspot Gipskarst, war und ist zur Information der Bevölkerung – ob Schulklasse oder Wandergruppe, ortsansässige Familie oder Urlaubsreisende – bei vielen Veranstaltungen der Umweltbildung im Einsatz. Aktionen wie geführte Wanderungen, Vorträge und Lesungen, Fotowettbewerbe und Ausstellungen, Familien- und Ferienveranstaltungen, öffentliche Landschaftspflegeeinsätze oder Kochevents mit regionalen Produkten bereicherten in den vergangenen fünf Jahren das öffentliche Leben im Südharz und ermöglichten vielen Interessierten eine tiefgreifende Identifikation mit ihrer Region. Mehr als 2000 Kinder im Kita- und Schulalter sowie ebenso viele Erwachsene nahmen die Angebote in Anspruch.
Bild: Das Infomobil im Einsatz
Drei durch das Projekt neu ausgewiesene Hotspotpfade führen durch Natur- und Landschaftsschutzgebiete und ermöglichen tolle Ein- und Ausblicke in die Naturraumausstattung des Südharzes. Drei Infopavillons und ein Aussichts- und Beobachtungsturm, dessen Fertigstellung für das 1. Quartal des Jahres 2024 geplant ist, stellen neben verschiedenen Infotafeln und abwechslungsreich gestalteten Rastplätzen neue touristische Highlights im Projektgebiet dar. Zusammenfassend werden die Ergebnisse des Projektes, anschauliche Portraits von Pflanzen- und Tierarten, Erläuterungen zur Geologie des Gipskarsts sowie Informationen zur traditionellen Landnutzung und den Problemlagen der Gegenwart, verbunden mit Wanderempfehlungen im Projektgebiet in einer „Entdeckerbroschüre“ zum Hotspot-Gipskarst dargestellt. Diese kann auf der Projekt-Website www.hotspot-gipskarst.de eingesehen und heruntergeladen werden, ebenso wie die „Konzeption für den Hotspot Nr. 18 im Rahmen des BPBV-Projektes „Gipskarst Südharz – Artenvielfalt erhalten und erleben“ und ein im Rahmen des Projektes erarbeiteter und veröffentlichter „Leitfaden zur erfolgreichen Direktvermarktung von Lebensmitteln aus der Region Gipskarst Südharz“.
Bild: Infopavillon bei Obersachswerfen
Zusammenfassend blickt das Projektteam des LPV auf eine arbeitsintensive Zeit mit zuverlässige Netzwerkpartner*innen, Unterstützer*innen und Mitstreiter*innen, aber auch mit Stolpersteinen und Konflikten zurück, insgesamt aber auf viele erfolgreich umgesetzte Projektmaßnahmen, die einen wertvollen Beitrag zum Schutz und Erhalt der Biodiversität im Hotspot Nr. 18, langfristig und über die Ländergrenzen hinaus, darstellen.
Hier investieren Europa und der Freistaat
Thüringen in die ländlichen Gebiete.